Aktualisiert: 07.10.2022 | Mit (*) sind Partner-Links gekennzeichnet, die zum sozialen Buchhandel führen.
Jedes Mal, wenn wir etwas erklären – du und ich –, in unseren Coachings, Trainings, Seminaren oder Kursen, haben wir die Wahl: Verlassen wir uns rein auf die gesprochene Sprache? Oder begleiten wir unsere Erklärungen durch Visualisierungen wie Text und/oder Bilder, zum Beispiel in einfach gehaltenen Erklärplakaten?
Erklärplakate sind nicht unbedingt Papierposter, sondern alles, was du an Visualisierungen nutzt, um anderen Menschen etwas zu erklären. Auch gut gemachte Folien während eines Vortrags oder Pitches funktionieren wie Erklärplakate. In diesem Blogartikel zeige ich dir verschiedene Erklärplakate, die ich in meinen eigenen Kursen einsetze. Und nicht nur das – ich erzähle auch, wofür ich sie verwende. Hast du ähnliche Situationen bei deiner Arbeit, kannst du dich also inspirieren lassen.
Die Entscheidung, ob wir visualisieren sollten oder ob es reicht, nur zu sprechen, hängt unter anderem davon ab, wie umfangreich unsere Erklärung ausfällt und wie gut verständlich das Erklärte für unser Gegenüber ist. Im Zweifel entscheide ich mich immer für Visualisierungen. Allein schon, um es mir als Trainerin in einer Seminarsituation leichter zu machen.
Ein Grund: Gesprochenes ist flüchtig.
Ich kenne das von mir selbst. Wenn mir jemand nur auf der Tonspur etwas erklärt, passiert es mir gelegentlich, dass ich währenddessen kurz abgelenkt und in Gedanken bin. Das heißt, ich bekomme nicht alles mit und muss dann noch einmal nachfragen, was jetzt genau zu tun ist. Nicht immer angenehm … Ein Blick aufs Erklärplakat hingegen kann schon ganz gut die Verständnis-Lücken schließen, die vielleicht noch da sind. Wenn ich also von mir auf andere schließe, dann erspare ich mit Erklärplakaten meinen Teilnehmenden auch den peinlichen Moment des Nachfragens, in dem alle anderen mitkriegen, dass jemand gerade nicht aufmerksam war.
Beispiel #1: Die Übungsanleitung als Erklärplakat
Am häufigsten nutze ich Erklärplakate in meinen Trainings, um zu erläutern, wie die jeweils nächste Übung funktioniert. Es ist also eine Anleitung für meine Teilnehmer:innen, damit sie wissen, was sie gleich machen sollen.
Gleichzeitig sind alle Erklärplakate auch Anschauungsbeispiele. Wir gucken also regelmäßig auf der Metaebene, wie ich die Visualisierungen umgesetzt habe. Schließlich sind wir ja in einem Visualisierungstraining und es lernt sich leichter an Beispielen.
Ein Grundprinzip bei der Gestaltung solcher Erklärplakate ist, dass meine gesprochene Erklärung und die Visualisierung Hand in Hand gehen. Sie brauchen einander. Nur zu sprechen (oder nur das Bild für sich stehenzulassen), ist nicht halb so verständlich, wie beides als Paar auftreten zu lassen.
Wir sind im Training in einer Live-Situation (so wie bei einer Präsentation auch) und es ist nicht sinnvoll, die komplette Anleitung als Text auf dem Plakat /auf der Folien unterzubringen. Dann würden meine Teilnehmer:innen anfangen zu lesen und mir nicht mehr zuhören. Die Visualisierung ist eine Ergänzung, aber kein Ersatz für den gesprochenen Teil der Anleitung. Je mehr Sinneskanäle meiner Teilnehmer:innen ich aktiviere (hier Hören und Sehen), desto größer ist die Chance, dass für sie gleich beim ersten Mal alles klar ist. Das erspart Verwirrung und Rückfragen.
Alles, was leichter verständlich ist, wenn ich es zeige, gehört auf das Erklärplakat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wie ist das Erklärplakat gemacht?
Die Gestaltung: An diesem Beispiel siehst du, dass es keine künstlerischen Verrenkungen braucht, um ein visuell funktionierendes Erklärplakat zu erstellen. Ein bisschen Text, ein paar Striche und fertig. Es handelt sich nicht um eine bildhafte, sondern um eine schematische Übersicht.
Wenn du genauer hinschaust, wirst du feststellen, dass ich mit dem Text differenziert umgegangen bin. Oberstes Ziel bei allen Erklärplakaten ist, visuell Orientierung zu schaffen. Das gelingt hier durch verschiedene Textebenen:
- Die Überschrift ist am größten und farblich hervorgehoben.
- Die nächste Textebene ist die schwarze Schrift, die ich für die Namen in den Dreiecksecken und die Aufzählung verwendet habe.
- Die dritte Textebene wird durch die dunkelblaue Farbe (u. a. für den Begriff Gemeinsamkeiten) und kleinere Schrift optisch subtil von der zweiten Ebene abgegrenzt.
- Die vierte Textebene ist nur oben in der Sprechblase. Sie ist am wenigsten wichtig, daher deutlich kleiner und tritt optisch zurück.
Weitere grafische Elemente (ich würde nicht so weit gehen, es Zeichnungen zu nennen) auf dem Erklärplakat sind:
- Drei dicke Linien für das Dreieck
- Dünnere Linien für die Pfeile
- Eine dicke wolkige Linie unter der Überschrift
- Eine einfache Sprechblase
- Drei einfache, kegelförmige Figuren
- Drei rote Punkte
Die Inhalte: Die Darstellung hilft mir zu erklären, wie die Kennenlern-Übung »Dreieck der Gemeinsamkeiten« funktioniert. Ich zeige das Erklärplakat, während ich verbal erzähle. Diese Visualisierung ist nicht selbsterklärend – und soll das auch nicht sein.
Das Medium: Dieses Erklärplakat war mal ein Flipchart, ganz klassisch mit Markern auf Papier erstellt. Da ich nur noch Online-Präsenzkurse anbiete, habe ich es mittlerweile digitalisiert (unaufwändig mit Handykamera und den Bordmitteln von PowerPoint). Je nach Kurs zeige ich die Visualisierung als animierte PowerPoint-Folie oder baue sie auf einem virtuellen Board wie MURAL ein.
Beispiel #2: Die Agenda als Erklärplakat
Eine weitere beliebte Anwendung für Erklärplakate ist die Agenda. Es ist also eine Übersicht für meine Teilnehmer:innen, damit sie wissen, welche Themen sie im Training erwarten. In diesem Fall ist es die Übersicht für einen dreitägigen Bildungsurlaub.
Wie ist das Erklärplakat gemacht?
Die Gestaltung: Im Vergleich zum Beispiel oben enthält dieses Erklärplakat weniger Text und mehr grafische Elemente. Während ich im ersten Beispiel eine schematische Darstellung gewählt habe, ist das hier insgesamt eine sehr vereinfachte Bildlandschaft.
Es gibt einen Weg, der links unten startet und rechts oben hinführt. Entlang des Weges begegnen uns verschiedene Themen, bis wir schließlich beim eigenen Umsetzungsprojekt ankommen. Dieser inhaltliche Strang ist mit gelber Farbe akzentuiert. Es gibt einen weiteren Strang auf der rechten Seite des Erklärplakats, der inhaltlich und daher auch optisch (durch eine zurückhaltendere Farbgebung) untergeordnet ist.
Die Inhalte: Die Darstellung hilft mir zu erklären, welche Themen wir während des dreitägigen Bildungsurlaubs behandeln werden. Das Erklärplakat dient zur groben Orientierung. Es enthält keine Angaben dazu, was an welchem Tag dran sein wird (weil das erfahrungsgemäß bei jeder Gruppe etwas anders ist). Und es sind auch keine Einzelübungen zu den jeweiligen Themen eingetragen (weil das für den Einstieg in ein Training ein Overload an Informationen wäre).
Ich zeige das Erklärplakat, während ich verbal erzähle. Auch diese Visualisierung ist nicht selbsterklärend – und soll das auch nicht sein.
Das Medium: Auch dieses Erklärplakat war mal ein Flipchart (siehe Beispiel #1). Jetzt nutze ich es in digitalisierter Form als animierte PowerPoint-Folie oder baue die Visualisierung auf einem virtuellen Board wie MURAL ein.
Dieses Erklärplakat dient zur Überleitung von einem Themenbereich zum nächsten, genauer: zum Einstieg ins neue Thema »visuelle Sprache« (im Training kommt vorher ein ganzer Abschnitt zu Schrift, wo es noch gar nicht um Symbole, Bilder und Piktogramme geht).
Wie ist das Erklärplakat gemacht?
Die Gestaltung: Im Vergleich zu den ersten beiden Beispielen enthält dieses Erklärplakat fast nur Text. Der Aufbau ist listenartig. Ähnlich wie im ersten Beispiel bin ich mit der Schrift differenziert umgegangen:
- Die Überschrift ist am größten und farbig abgesetzt. Das Grün taucht nirgendwo sonst auf.
- Die Kernaussagen sind in schwarzer Schrift erfasst, das wichtigste Stichwort ist jeweils gefettet und etwas größer.
- Kommentare sind blau abgesetzt und etwas kleiner geschrieben.
Die grafischen Elemente fungieren als thematisch passende Aufzählungspunkte. Obwohl es drei unterschiedliche Piktogramme sind, haben sie Gemeinsamkeiten: Ihre Position jeweils links neben dem zugehörigen Text und den Kreis als Grundform.
Die Inhalte: Die Darstellung hilft mir, die drei wichtigsten Aspekte zum Thema »visuelle Sprache« zu erklären. Es gibt ein Ziel (Inhalte sichtbar machen) und nachfolgend zwei Schlüsselerkenntnisse dazu. Mit dem letzten Punkt auf dem Erklärplakat (Strategien aus der Kindheit) leite ich dann über zur nächsten Übung.
Ich zeige das Erklärplakat, während ich verbal erzähle. Die drei Punkte blende ich nacheinander ein; immer passend zu dem, was ich gerade sage, damit der Rest nicht ablenkt. Auch diese Visualisierung ist nicht selbsterklärend – und soll das auch nicht sein.
Das Medium: Auch dieses Erklärplakat war mal ein Flipchart (siehe Beispiel #1). Aktuell nutze ich es in digitalisierter Form als animierte PowerPoint-Folie oder baue die Visualisierung auf einem virtuellen Board wie MURAL ein.
Beispiel #4: Das Kommunikationsmodell als Erklärplakat
Das folgende Erklärplakat mit dem Eisbergmodell habe ich für ein firmeninternes Training entwickelt. Wenn du als Coach oder Trainerin arbeitest, ist dir das Eisbergmodell mit Sicherheit schon als Tool begegnet. Es gibt unzählige Darstellungen davon in Büchern und im Internet – warum sich also damit aufhalten, eine eigene Visualisierung davon als Erklärplakat zu machen?
Drei Gründe:
- Einfach irgendwo ein Bild herauszukopieren und kommerziell zu verwenden, verstößt in den allermeisten Fällen gegen das Urheberrecht und ist eine Straftat. Entweder du besorgst dir die (kostenpflichtige) Lizenz bei der Urheberin, um das Bild deiner Wahl nutzen zu dürfen – oder du erstellst deine eigene Visualisierung.
- Die Darstellungen des Eisbergmodells, die du bei deiner Recherche findest, passen inhaltlich nicht zu deinem Coaching oder Training. Es gibt nämlich Eisbergmodelle aus der Psychologie, der Wirtschaft, der IT, der Medizin, der Kommunikationstheorie und noch viele, viele mehr. Statt Zeit für die weitere Suche nach der richtigen Darstellung zu verschwenden, erstellst du deine eigene Visualisierung.
- Die Darstellungen des Eisbergmodells, die du bei deiner Recherche findest, passen optisch nicht zu den anderen Erklärplakaten deinem Coaching oder Training. (Wenn du ungefähr meine Generation bist, erinnerst du dich vielleicht noch an die Kraut-und-Rüben-Folien deiner Kollegen, als es »modern« war, in PowerPoint wahllos irgendwelche nicht zusammenpassenden Piktogramme zusammenzuschmeißen, um die Präsentationen »visueller« zu machen.🥴) So gut deine Inhalte auch sind: Wir sind Augentiere. Wenn die Verpackung lieblos ist, werden die Inhalte automatisch als weniger wertig wahrgenommen. Erklärplakate, die hingegen wie aus einem Guss erscheinen (weil sie alle deine Handschrift tragen!), wirken professioneller. Damit schreiben wir auch den Inhalten eine größere Qualität zu.
Wie ist das Erklärplakat gemacht?
Die Gestaltung: Dieses Erklärplakat ist eine Kombination aus Schlüsselbild (schwimmender Eisberg) und stichwortartigem Text. Hilfreich während der verbalen Erklärung ist, das Erklärplakat nicht schon als fertiges Bild zu zeigen, sondern nach und nach aufzubauen.
Die grafischen Elemente sind eine Wellenlinie fürs Wasser und eine geschlossene Zickzacklinie für den Eisberg.
Die Inhalte: Nehmen wir mal an, du machst eine Supervision für ein Team. Es knirscht gerade auf der persönlichen Ebene zwischen einigen Teammitgliedern. Deine Erfahrung als Coach sagt dir: Die Gruppe sollte jetzt dringend das thematisieren, was da so unter der sichtbaren Oberfläche brodelt.
Statt dir den Mund fusselig zu reden, wie das Eisbergmodell funktioniert und was sich wo befindet, kannst du den schwimmenden Eisberg mit zwei Linien aus dem Handgelenk an die (virtuelle oder reale) Tafel bringen. Noch anschaulicher wird es, wenn du ihn während des Erklärens Schritt für Schritt beschriftest.
Auch diese Visualisierung ist ohne weiteren Kontext nicht selbsterklärend – und soll das auch nicht sein.
Das Medium: Dieses Erklärplakat habe ich digital erstellt. Ich nutze für solche animierten Darstellungen ein Notebook mit Touchscreen, einen digitalen Stift und eine Grafiksoftware. Das Prinzip funktioniert aber auch analog, z. B. auf einem Flipchart. Du kannst dann die Zeichnung schon vorbereiten und schreibst die Begriffe nach und nach während des Erklärens hinein.
3 Tipps für deine Erklärplakate
Tipp 1
Welches Medium auch immer du verwendest: Es lohnt sich, eine kleine, schnelle Vorabskizze deines Erklärplakats zu machen (nicht größer als deine Handfläche), bevor du loslegst. So kannst du besser einschätzen, welche Elemente wie viel Platz brauchen und wie du das Plakat aufteilst. Die Skizze vorher spart nachher bei der Ausführung viel Zeit und Nerven.
Tipp 2
Mach es dir so einfach, wie möglich. Niemand zwingt dich, alles in Echtzeit hinzuzaubern. Du hast die Möglichkeit, dein Erklärplakat:
- komplett vorzubereiten und als fertiges Bild zu zeigen,
- einen Teil vorzubereiten und einen Teil live zu ergänzen oder
- alles live vor den Augen deiner Teilnehmenden entstehen zu lassen.
Tipp 3
Nimm dir Zeit zum Üben. Und vergleiche dich nicht mit anderen, wenn du noch wenig Übung im Erstellen von Erklärplakaten hast. Je lockerer und einfacher das in der Ausführung aussieht, desto öfter ist es vorher wahrscheinlich eingeübt worden. Niemand(!) kann solche Darstellungen »einfach so« aus dem Stand aufs Papier oder an die Wand werfen.
Deswegen solltest du das auch nicht von dir verlangen.💙
Jeder Profi war mal Anfänger:in und hat sich das Können Schritt für Schritt erarbeitet.
Es ist also nicht nur sinnvoll, sondern auch professionell, dir vorher zu überlegen, was an Erklärungen du bei deinem nächsten Termin brauchen könntest und die Visualisierungen dafür schon vorzubereiten und einzuüben.
Wenn du das nicht allein machen möchtest, dann sei beim nächsten Erklärplakate-Workshop mit dabei!
Du bringst deine Ideen mit und ich unterstütze dich (gemeinsam mit den anderen Teilnehmer:innen), deine Ideen in einfach verständliche und leicht zu erstellende Erklärplakate zu übersetzen.