Lesezeit: ca. 6 Minuten | aktualisiert: 01.03.2022
Es ist mir ein Herzensanliegen, mehr Coaches, Berater:innen und Therapeut:innen dazu zu ermutigen, Visualisierung in ihrer Arbeit zu nutzen. Dabei geht es um visuelle Anker und Struktur, nicht ums Zeichnen. Funktionelle Visualisierung ist ein unglaublich wirkmächtiges Kommunikationswerkzeug, gerade in Veränderungsprozessen, die unser Denken, Fühlen und Handeln betreffen.
Und dennoch wird Visualisierung im Coaching noch viel zu selten eingesetzt. Obwohl nämlich rund 80 % der Menschen „visuell Lernende“ sind, laufen Coachings oft nur rein verbal ab. Damit berücksichtigen viele Coaches den dominanten Wahrnehmungskanal ihrer Coachees nicht und machen sich so die Arbeit unnötig schwer.
Lass uns das ab heute ändern!
Warum ist Visualisierung im Coaching überhaupt relevant?
Die kurze Antwort: Weil unser Gehirn so gestrickt ist.
Die ausführlichere Variante: Etwa 60 % unserer Großhirnrinde sind an der Wahrnehmung und Verarbeitung von visuellen Reizen beteiligt. Die visuelle Wahrnehmung nimmt in unserem Gehirn also sehr viel Raum ein. Und es ist nicht nur eine Region im Gehirn, die damit beschäftigt ist, sondern gleich ein ganzes Netzwerk: Wissenschaftlich wurden bereits mehr als 30 Bereiche identifiziert, die gemeinsam das verarbeiten, was wir über die Augen wahrnehmen.
Insgesamt sind etwa 60 % der Großhirnrinde an der Wahrnehmung, Interpretation und Reaktion auf visuelle Reize beteiligt.
Diese vernetzte Struktur macht unsere visuelle Wahrnehmung sehr sehr schnell und effizient: Ein flüchtiger Blick reicht aus, damit wir uns einen ersten Eindruck machen und emotional einsteigen.
Inhalte über Text zu visualisieren (also etwas aufzuschreiben), ist also hochwirksam. Vorausgesetzt, deine Handschrift ist leserlich.
Noch wirksamer sind wir in der Kommunikation mit Bildern, denn wir erfassen Bilder schneller als Text. Sehr viel schneller: Bilder werden etwa 60.000 Mal schneller wahrgenommen als Geschriebenes, weil sie nicht dekodiert, also entschlüsselt werden müssen. Das spart unserem Gehirn Energie und deswegen bevorzugt es Bilder. Schon 0,1 Sekunden reichen, damit wir uns grob etwas unter einem Bild vorstellen können. Ein Bild 2 Sekunden zu betrachten reicht aus, damit wir es später sicher wiedererkennen.
Wenn deine Kommunikation schnell sein soll: Setze auf Bilder.
Und noch viel effektiver ist es, geschriebenen Text oder gesprochene Sprache mit Bildern zu kombinieren.
Hierzu gibt es schon jahrzehntelange Forschung, zum Beispiel zum Bildüberlegenheitseffekt (picture superiority effect, beschreibt das Phänomen, dass Bilder eher in Erinnerung bleiben als Worte) und zur Dualen Kodierungstheorie (dual-coding theory, das Gehirn hat zwei separate Systeme für die Repräsentation verbaler und nonverbaler Informationen).
Demnach aktiviert und vernetzt die Kombination von verbalen und bildlichen Informationen verschiedene Areale im Gehirn. Dadurch werden Inhalte nicht nur merkfähiger, sondern auch Veränderungsprozesse, die unser Denken und Verhalten betreffen, lassen sich leichter anstoßen. Nicht ganz unwesentlich fürs Coaching…
Wie verteilt sich unsere Wahrnehmung?
Nicht nur unser Gehirn ist hervorragend im Umgang mit visuellen, also über die Augen wahrgenommenen Informationen. Auch unsere Wahrnehmung ist dominiert vom Sehsinn. Etwa 83 % der Informationen aus unserer Umgebung erreichen uns über die Augen, nur etwa 11 % kommen über das Gehör. Der schmale Rest verteilt sich auf Geruchs‑, Tast- und Geschmackssinn.
Was passiert nun beim rein verbalen Coaching? Wir reden und hören zu. Und: Wir nutzen nur die 11 %, die übers Gehör kommen.
Und was geschieht mit dem Sehsinn? Wie ist das mit den 83 % visueller Eindrücke? Solange wir die Augen geöffnet haben, können wir sie nicht ausblenden. Im Zweifel lenken sie uns vom Gehörten sogar ab: Wir sehen die Mimik und Gestik unserer Gegenüber. Wir betrachten ihren roten Pullover, die graumelierten Haare, den seidig glänzenden Schal. Unser Blick schweift umher und bleibt an der Pinnwand hinter ihr hängen und wandert von dort zu den Pflanzen auf der Fensterbank. Wann sie die wohl das letzte Mal gegossen hat? Äh, … was hat sie gerade gefragt?
Die 83 % unserer visuellen Wahrnehmung sind nicht weg, aber sie bleiben bei rein verbaler Gesprächsführung inhaltlich fürs Coaching ungenutzt.
Wenn wir nun davon ausgehen, dass die Wahrnehmung gerade auch im Coaching ein wichtiger Schritt zur Veränderung ist: Dann ist es ziemlich schlau, die 83 % zu den 11 % zu addieren und beide Sinneskanäle zusammen anzusprechen.
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