Lesezeit: ca. 11 Minuten | aktualisiert: 14.01.2022
Dass wir im Wissenszeitalter leben, ist eine Binsenweisheit. Nur was bedeutet das für unsere tägliche Arbeit? Menschen in Wissensberufen (egal ob Coach, Ingenieurin, Therapeutin, Lehrerin, Projektleiterin…) stehen heute vor drei Herausforderungen:
- Wissen strukturiert und bedeutungsvoll sichtbar zu machen.
- Informationen aus dem virtuellen Raum zurückzuholen und sie mit den Händen anfassbar zu machen.
- Eine handlungsleitende Kultur der Beteiligung und des Dialogs zwischen Menschen und Organisationen zu etablieren.
Immer mehr Menschen erobern sich Visualisierung als handwerkliche Fertigkeit zurück – um zu lernen, zu planen, zu entscheiden, sich selbst zu organisieren und mit anderen zusammenzuarbeiten.
Visualisierung ist ein Werkzeug wie ein Schweizer Taschenmesser.
Trend 1: Visualisierung – die Sehnsucht nach dem Greifbaren
Früher konnten Menschen ihren Beruf sehr einfach erklären – oft mussten sie das nicht einmal, weil es so offensichtlich war. Mein Onkel war Schreiner. Er baute in seiner Schreinerwerkstatt mit Schreinerwerkzeug Möbel aus Holz. Wurde in unserer Familie ein Kind geboren, bekam es einen handgefertigten Hocker geschenkt. Meinen kann man heute in meinem Arbeitszimmer bewundern. Meine Großtante war Töpferin und stellte Weinkrüge her. Einer davon steht heute bei uns in der Küche. Wenn Menschen ins Schaufenster meiner Tante sahen, war offensichtlich, woran sie arbeitete und was sie von ihr kaufen konnten.
Auch wenn es diese Berufe immer noch gibt: Die meisten von uns arbeiten am Bildschirm, am Telefon und in Meetingräumen. Wir nennen uns Bildungsreferentin, Coach oder Prozessmanagerin. Unser wichtigstes Werkzeug ist nicht mehr die Säge oder die Töpferscheibe, sondern unser Kopf. Auf dem Weg von der Werkbank zum Schreibtisch ist unsere Arbeit ungegenständlich und komplex geworden. Prozessdesigns, Evaluationstools und Beratungsgespräche kann man nicht sehen und anfassen wie einen Holzhocker oder einen Tonkrug.

Unsere Tätigkeit hat sich in den virtuellen Raum verlagert.
Sowohl für unsere Arbeitsschritte als auch für die Resultate, die wir erzielen, gilt: Das Greifbare ist verloren gegangen.
Der Reichtum unserer Gegenstandswelt, unser Körper und unsere Sinne spielen im Zeitalter von Digitalisierung und Wissensarbeit eine immer geringere Rolle. Und das, obwohl unsere Aufgaben immer diversifizierter und komplexer werden. Das Paradoxe: Unser Gehirn ist ziemlich ungeschickt im Umgang mit virtuellem Wissen. Abstrakte Informationen begreifen wir schlecht. Große Mengen an Zahlen, Daten und Fakten können wir uns schwer merken. Zusammenhänge und Wechselwirkungen als Ganzes können wir gedanklich kaum erfassen.
Die Visualisierung von Informationen am Bildschirm in Form von digitalen Grafiken und Diagrammen ist deshalb längst eine Grundstrategie von Wissensarbeit geworden. Nur: Sind ein Computer und Software die richtigen Visualisierungs-Werkzeuge für uns als soziale, sinnliche und sinnsuchende Wesen? Ist das der beste Weg, um Wissen zu erarbeiten und zu beherrschen? Und schaffen wir es rein virtuell, dieses Wissen bedeutungsvoll mit den Menschen zu teilen, mit denen wir in komplexen Systemen zusammenarbeiten? Gelingt es uns, ein tiefes, gemeinsames Verständnis über gemeinsame Vorhaben zu erreichen?

Trend 2: Visualisierung – Wissensarbeit ist Handarbeit
Wahrscheinlich hast auch du schon längst bemerkt, wie begrenzt die Möglichkeiten des Computerbildschirms sind, um Dinge zu begreifen, Neues zu entwickeln und sinnerfüllt zusammenzuarbeiten. Manchmal stellen digitale Tools eine regelrechte Barriere dar und lenken uns von den wesentlichen Dingen ab.
Statt Beamer, Leinwand und PowerPoint gibt es in vielen Entwicklungs-Abteilungen wieder Flipcharts, Haftnotizen, Marker und Klebestifte. Ingenieurinnen stellen fest: Wir kommen nicht weiter, wenn wir nur auf Datentabellen starren – wir müssen Dinge in die Hand nehmen. Und so werden im Design (oder Hybrid) Thinking – ganz handwerklich – Prototypen für Soft- und Hardware aus Pappe gebastelt, die sich anfassen, drehen und schnell verändern lassen. Diese handfesten Modelle ermöglichen Lernerfahrungen, die kein virtuelles Modell leisten kann. Ein Vorgehen, das Designer und Architektinnen schon im Studium lernen.
Auch Lego hat diesen Trend längst erkannt und sich eine erwachsene Zielgruppe neu erschlossen. Unter dem Stichwort SeriousPlay bauen Softwareentwickler und Projektmanagerinnen aus bunten Kunststoffsteinen Lieferketten oder Qualitätsmanagment-Prozesse zusammen, um sie sich selbst und anderen begreifbar zu machen.
Ähnliches wird schon lange im Coaching- und Therapiebereich genutzt. Statt nur in Worten zu beschreiben, wie sich die komplexen Beziehungsebenen in einer Familie darstellen, hat es sich bewährt, mit konkreten Systemaufstellungen zu arbeiten. Also zum Beispiel mit Figuren, die zueinander positioniert werden können. Wer steht wem nahe, wer blickt in die gleiche Richtung, zueinander hin, voneinander weg? Was verändert sich, wenn eine oder mehrere Figuren bewegt werden? Wie wirkt sich das auf das System Familie aus? Es fällt uns viel leichter, das zu verstehen, wenn wir es vor uns sehen, aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und auch mit unseren Händen greifen können.
Aber auch schon das Zweidimensionale – das Arbeiten mit Stift und Papier – hilft uns dabei, unser abstraktes Wissen greifbar zu machen.

Auch Coaching geht mit Stift und Papier: Die Riesenrad-Methode lässt sich im Selbst-Coaching, aber auch gemeinsam im Dialog mit Coachees durchführen.
Trend 3: Visualisierung – Sichtbarmachen als Kulturtechnik
Immer mehr Menschen entdecken die Unmittelbarkeit von Stift und Papier wieder, um sich auszudrücken. Indem wir Gedanken zu Papier bringen, sie aufschreiben und aufzeichnen, werden sie sichtbar. Aus einer flüchtigen Idee kann dann ein Plan werden, und aus dem Plan können wir konkrete Schritte entwickeln, um unser nächstes Ziel zu erreichen.
Das gilt für unser eigenes Lernen genauso wie auch für die Zusammenarbeit mit anderen Menschen. In ein paar Strichen auf einem Schmierblatt erklären zu können, wo im Coaching-Prozess wir uns gerade befinden, sorgt für Klarheit und ein gemeinsames Verständnis. Ob strukturiert, chaotisch, banal oder kreativ – solche Gedankenskizzen sind nur für den Moment. Sie helfen dabei, unser Denken im Fluss zu halten und Gespräche zielgerichteter zu führen.
Wir sehen wie auf einer Landkarte, wo sich unsere Gedanken gerade befinden. Wir können mit dem Finger darauf zeigen und von dort aus den nächsten Schritt entwickeln.
Keine digitale Software ist so robust und so einfach zu benutzen, so schnell und so kostengünstig verfügbar, wie ein simples Stück Papier und ein Stift.
War es in den 1990ern noch revolutionär, in Meetings PowerPoint zu nutzen, ist es heute für viele ein Grund, mindestens innerlich die Augen zu verdrehen. Das liegt nicht primär an der Software, sondern am Umgang vieler Menschen damit: Sachverhalte werden nicht im Zusammenhang gezeigt, sondern zu Bullet Points atomisiert. Digital erstellte Schautafeln fliegen von links ins Bild ein und lösen sich beim „Umblättern“ auf die nächste Folie in winzige Pixel auf. Die Schrift darauf ist so klein, dass sie kaum lesbar ist. Unmengen von Text und unnötiges grafisches Dekor prasseln auf uns ein, sodass der Geist zum Selbstschutz auf Durchzug stellt.
Die Möglichkeiten des digitalen Werkzeugs werden zur Falle.
Unmengen von Grafiken, Icons und Symbolen stehen in der digitalen Bildbibliothek zur Verfügung, aber oft lenken sie uns vom eigentlichen Inhalt ab: Dem Wissen, das wir anderen vermitteln oder von anderen aufnehmen wollen.
Nicht die PowerPoint-Folien, sondern dieses Wissen will gestaltet werden. Wir müssen es in sichtbare Zusammenhänge einbetten, um es verstehbar zu machen. Das Medium ist dabei egal: Gut gestaltete Informationen kannst du genauso wirksam in PowerPoint vermitteln wie auf einem Flipchart oder einem virtuellen Whiteboard.

Wissensarbeiter:innen brauchen also die Skills von Wissensdesigner:innen.
Dabei geht es nicht um Zeichenfertigkeiten, sondern um den Umgang mit Informationen. Wie man Wissen visuell sinnvoll gestaltet, wird weder von PowerPoint noch von anderer Software vermittelt.
Die intuitivsten Werkzeuge, um uns die visuelle Sprache wieder anzueignen, sind:
- unsere Vorstellungskraft,
- visuell-systematisches Denken und
- der handwerkliche Umgang mit Stift und Papier.
Das Sichtbarmachen von Gegenständlichem und Abstraktem ist eine uralte menschliche Kulturtechnik: Angefangen von Zeichnungen an Höhlenwänden über die ersten Schriftsysteme bis zu heutigen visuellen Leitsystemen, die wir beispielsweise von Flughäfen und Krankenhäusern kennen, aber auch von Verkehrsschildern. Nach so vielen Menschheitsgenerationen liegt uns visuelle Orientierung quasi in den Genen.

Es gibt viele Zugänge zur Welt der Visualisierung
Wir sind von visueller Sprache umgeben – und genau das macht sie so leicht erlernbar.
Wir konsumieren visuelle Sprache täglich. Wirkmächtig werden wir, wenn wir lernen, sie selbst anzuwenden.
Wie gelingt dir nun der Zugang zu Visualisierung als handwerklicher Fertigkeit?
Du kannst über Suchmaschinen das Internet nach Bildideen durchforsten und abzeichnen, was dir auf den Bildschirm kommt. Du kannst dir Anleitungsvideos anschauen oder sogenannte „Business-Symbole“ aus Büchern Strich für Strich nachmalen. Das ist für den Einstieg erstmal gut, reicht aber nicht aus, um die visuelle Sprache wirklich zu beherrschen.
Die meisten Interessierten bleiben aber genau an dieser Stelle der stecken. Das ist so, als würdest du beim Schreibenlernen nicht über das Stadium eines Grundschülers hinauskommen, der Buchstaben abmalt – und nicht in der Lage ist, selbst Wörter oder eigene Sätze zu bilden. Oder sogar kleine Geschichten zu schreiben.
Deswegen bin ich eine leidenschaftliche Verfechterin von visueller Alphabetisierung. Menschen zu befähigen, unabhängig von den Vorgaben anderer IHRE Art der visuellen Sprache zu entdecken und nach ihren eigenen Bedürfnissen weiterzuentwickeln, finde ich essenziell.
Wir leben im Informationszeitalter und die meisten von uns sind Wissensarbeiter. Wenn Visualisierung die „Weltsprache des 21. Jahrhunderts“ ist, wie der Informationswissenschaftler Robert E. Horn in seinem Buch „Visual Language“ darlegt, können wir es uns nicht leisten, visuelle Analphabeten zu bleiben.
Deswegen folgen meine Trainings nicht dem „Abmalprinzip“, sondern ich zeige dir, wie visuelles Denken funktioniert, wie du Kreativitätstechniken gewinnbringend einsetzt und wie du mit wenig Aufwand selbst auf einzigartige visuelle Ideen kommst.
Hast du Lust auf ein intensives Visualisierungstraining mit mir?

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